Störungen der Sprachentwicklung

Spezifische Sprachentwicklungsstörungen im Kindesalter bleiben häufig bis ins Erwachsenenalter bestehen. Sie zeigen sich vor allem in Schwierigkeiten, die eigenen Gedanken und Gefühle auszudrücken und Schwierigkeiten, die Bedeutung der gesprochenen und geschriebenen Sprache richtig zu verstehen.

Sprachentwicklung ist ein lebenslanger Lernprozess. Untersuchungen haben ergeben, dass Sprachentwicklungsstörungen in vielen Fällen bis ins Erwachsenenalter hin bestehen bleiben und – bei häufig vordergründiger Unauffälligkeit – folgende (Rest-)Symptome aufweisen können:

Einschränkungen in der Spontansprache

Sachverhalte können nur unzusammenhängend, grammatikalisch fehlerhaft oder unvollständig dargestellt werden. Der Jugendliche spricht mühsam und wenig effektiv.
Die Fähigkeit, passende Begriffe spontan abzurufen, ist deutlich eingeschränkt.

Schwierigkeiten beim Verständnis komplexer Sätze

Bedeutungsunterschiede, die nur durch die Satzgrammatik erschlossen werden können, werden nicht oder nicht richtig wahrgenommen. Informationen werden häufig nicht vollständig oder verlangsamt verarbeitet. Ursache hierfür ist ein begrenztes Sprachgedächtnis aufgrund einer auditiven Merkschwäche.
Besonders das auditive Gedächtnis, die auditive Differenzierungs- und Verarbeitungsfähigkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit sind betroffen.

Auswirkungen auf die Schriftsprache

Sehr häufig wirken sich die sprachlichen Schwierigkeiten auf das Erlernen der Schriftsprache aus.

Da die Grundlage eines jeden Unterrichts die gesprochene und geschriebene Sprache ist, bleiben die Auswirkungen auf die Schulleistungen in sämtlichen Fächern nicht aus. Häufig haben die betroffenen Kinder und Jugendlichen gelernt, ihre Schwächen zu verdecken. Auch verwenden sie zum Teil Begriffe der Erwachsenen, ohne deren Bedeutung wirklich zu kennen. Dies kann dazu führen, dass ihre sprachlichen Fähigkeiten überschätzt werden. Ohne die Möglichkeit, Texte selbstständig zu lesen und deren Sinn zu verstehen, kann in der Schule Wissen nicht ausreichend erworben werden.

Für den sprachfördernden Unterricht ist es deshalb wichtig, die sprachlichen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schülern genau zu kennen. Nur so kann die mündliche und schriftliche Unterrichtssprache in allen Fächern darauf abgestimmt und ein größtmöglicher Lernzuwachs – bei gleichzeitiger Erweiterung der Sprachkompetenz – ermöglicht werden.

Redeflussstörungen

treten meist als „Stottern“ (Unterbrechung des Redeflusses) oder „Poltern“ (überhastetes Sprechen) in Erscheinung.

Artikulationsstörungen

bezeichnen die fehlerhafte Bildung von Lauten oder Lautverbindungen.

Stimmstörungen

bezeichnen Störungen des Klanges oder der Leistungsfähigkeit der Stimme.

Autismus

ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die es den Betroffenen erschwert, soziale Kontakte zu verstehen oder sie selbst aufzunehmen.

Mutismus

ist eine emotional bedingte Störung der Kommunikation. Obwohl die Kinder oder Jugendlichen die Sprache aktiv
und passiv erworben haben, wird das Sprechen allgemein oder unter bestimmten Bedingungen eingestellt.

Sekundäre Kommunikationsstörungen

können entstehen, wenn sprachliche Einschränkungen die Kontakte zu anderen Menschen nachteilig beeinflussen.

Störungen des Schriftspracherwerbs

Die Entwicklung der so genannten „Schriftsprache“ (Lesen und Schreiben) vollzieht sich nach gegenwärtig aktuellen Erkenntnissen in Stufen:

  • Bereits im Vorschulalter erkennt das Kind, dass Schrift für etwas steht. Mit der Zeit ist es in der Lage, immer wiederkehrende, häufig betrachtete Wörter zu „lesen“ (z.B. Firmenlogos) und lernt meistens auch, den eigenen Namen zu schreiben.
  • In der ersten Klasse lernt das Kind, dass unsere Schrift das Lautsystem unserer Sprache repräsentiert, das heißt, gesprochene Laute in geschriebene Buchstaben übertragen werden können. Man spricht von „lautgetreuem Schreiben“, bzw. der „Laut-Buchstaben-Zuordnung“.
  • Ist das Kind geübt und sicher im lautgetreuen Schreiben – und nur dann – verfügt es über ausreichende Kapazitäten, die Besonderheiten der Schreibung, das heißt Abweichungen des lautgetreuen Schreibens zu erlernen. Das Kind lernt nun, dass es häufig auf Regeln oder Ableitungen zurückgreifen muss, um Wörter orthografisch richtig zu schreiben. Wird für ein Kind zu früh mit der so genannten „orthografischen Schreibung“ begonnen, kann dies zu großer, unter Umständen bleibender Verwirrung und Unsicherheit führen.

Wer in der Grundschulzeit – in der Regel in den ersten beiden Jahren – das Lesen und Schreiben nicht ausreichend erlernt hat, hat kaum noch die Möglichkeit, diese grundlegenden Fähigkeiten sicher zu erwerben. Ohne die Möglichkeit, Texte selbstständig zu lesen und deren Sinn zu verstehen, kann jedoch in der Schule Wissen nicht ausreichend erworben werden.

Bereits ab der dritten Grundschulklasse wird diese Fähigkeit vorausgesetzt und weiter ausgebaut. Hat ein Kind noch größere Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen, kann dies zu gravierenden Leistungseinbußen nicht nur im Fach Deutsch, sondern in sämtlichen Sachfächern und in Mathematik führen. Das Kind, bzw. der Jugendliche kann seine Fähigkeiten nicht optimal entwickeln, Leistungsdefizite nehmen zu, die Möglichkeit eines erweiterten Bildungsabschlusses ist – bei ursprünglich guten kognitiven Fähigkeiten – eingeschränkt. Häufig ist bei diesen Kindern in späteren Jahren die Allgemeinbildung deutlich reduziert. Bei Intelligenzmessungen kann es zu niedrigeren Ergebnissen als beim Schuleintritt kommen, man spricht vom „absinkenden Intelligenzquotienten“.

Unsere Praktikantin Lilly Weber hat mit einer Arbeitsgruppe an der Fachhochschule Nordwestschweiz folgenden Flyer zu SprachentwicklungsstörungenSprachverarbeitungsstörungen entwickelt. Der Flyer ist für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen gedacht. Wir bedanken uns für die Zurverfügungstellung.

Weitere und ausführliche Informationen findet man unter: https://www.dgs-ev.de/index.php?id=721